Neue Geschichten von Herrn Blyantur

Optische Täuschung

Er hatte sich im Doppelstockzug oben auf die linke Seite gesetzt. Dorthin schien die Sonne. Es könnte nicht schaden, dachte sich Herr Blyantur, etwas davon abzubekommen, um den Vitamin D-Haushalt aufzubessern. Dass die UV-Strahlung, die das bewirken sollte, vom Fensterglas nicht durchgelassen wurde, fiel ihm erst später ein.
So war er unterwegs in Richtung Süden. Dann tauchte das Tropical Island auf. Dessen Kuppel ragt mehr als hundert Meter in die Höhe und bei guter Sicht würde er sie vom Berliner Fernsehturm aus sehen können,wenn er dort oben wäre, statt im Zug auf der Fahrt in den Süden zu sitzen.
Hinter dem neben den Bahngleisen verlaufenden Busch- und Baumstreifen glitzerte es.
Ein See, der ihm bisher nicht aufgefallen war?
Schon oft war er diese Strecke gefahren. Zuerst als Student in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Doch damals hatte er sich statt der vorbeiziehenden Landschaft mehr die weiblichen Mitreisenden angesehen. Vielleicht war ihm der See damals deshalb nicht aufgefallen. Seit er sich das Mumienticket angeschafft hatte, fuhr er nun die Strecke meistens wieder mit der Bahn. Vielleicht hatte Herr Blyantur während der vorigen Reisen auf der anderen Seite gesessen. Dieser See war ihm nicht aufgefallen. Und doch hatte er ihn soeben glitzern sehen hinter dem Streifen aus Bäumen und Büschen. Der Zug war aber so schnell vorbei gefahren, dass es nicht möglich war, Genaueres zu erkennen.
Der Besuch bei den Enkeln ließ ihn dann das glitzernde Rätsel vergessen.
Auf der Rückfahrt erinnerte er sich aber wieder und setzte sich diesmal auf die rechte Seite. Er hielt angestrengt Ausschau nach dem Phänomen.
Und da sah er es dann.
Er hatte die schwarzen Plasteplanen der Spargelfelder für eine Wasserfläche gehalten.

Die Texte

Herr Blyantur und die Weltreise

Ein kleines Glücksgefühl