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Briketts


Die Fabrik hieß Impuls.
Wenn man damit den Anstoß meint, betont man die zweite Silbe. Meint man aber diese Fabrik, betont jeder, der sie kannte, die Silbe Nummer eins. Es gibt sie nicht mehr. Wie so viele Fabriken im Lausitzer Revier ist sie weggerissen worden. Zu der Zeit, von der hier berichtet werden soll, wurden dort Briketts hergestellt. Mancher nennt diese auch Presskohlen. Der gemahlene und getrocknete Kohlestaub wurde in mächtigen Pressen zusammengequetscht und ergab ohne Zusatz von Klebstoff ein hartes schwarzes Brikett. Die Pressen in der Fabrik Impuls wurden mit Dampf angetrieben.
Deshalb – so behauptete man – waren die Briketts auch von besonderer Qualität.
Herr Blyantur, der zu dieser Zeit noch Cutti gerufen wurde, hatte Schulferien und wollte sich durch Ferienarbeit etwas Geld verdienen, um sich vielleicht einen Extrawunsch zu erfüllen. Er fand Arbeit in dieser Brikettfabrik. Hinter dem Pressenhaus rutschten die Briketts auf elendlangen Strängen, die aus Metallstäben bestanden, ruckweise bis zur Verladestelle. Unter den Strängen sammelte sich der Abrieb, genannt Kohlengrus, den er beseitigen sollte. Bewaffnet wurde er mit einer Schippe und einer Schubkarre, deren eisernes Rad furchtbar quietschte und das Schieben der Karre zur Tortur machte. Cutti lud die Karre voll, karrte hin zu der bestimmten Stelle und kippte den Kohlengrus aus. Dann wieder zurück und das Spiel begann von Neuem. So entfernte er nach und nach die angesammelten Grushaufen unter den Brikettsträngen. Manchmal fand er inmitten des Abriebs solche kleinen vielleicht grade mal zehn oder fünfzehn Zentimeter langen Briketts, die zu besonderen Anlässen in geringer Stückzahl hergestellt worden waren. Und die so zum Beispiel an den „Tag der Republik“ eines bestimmten Jahres erinnern sollten. Oder an den „Tag des Bergmanns“, der in jedem Jahr das Ereignis war, an dem sich die Kumpels so richtig einen „hinter die Binde“ gossen.
Herr Blyantur schaute sich diese kleinen Briketts genau an und steckte einige unbeschädigte Exemplare ein.
Wie viele Tage lang Herr Blyantur diese dreckige, schwere und unbefriedigende Arbeit gemacht hatte, das wusste er nicht mehr.
Die kleinen Briketts hatte er irgendwann später verschenkt an einen Sammler dieser Besonderheit.

 
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