Einwortgeschichten
Gedichte
Wenn er so zurückdachte, hatte Herr Blyantur
schon immer – mit gewissen Abständen – ein Faible für Gedichte.
Das erste Gedicht brachte ihm seine Omi bei. Da war er vielleicht vier
oder fünf Jahre alt. Er sagte es vor dem Schlafengehen im
Kinderbettchen auf:
Ich bin klein, mein Herz ist rein.
Soll niemand drin wohnen,
als Jesus allein.
Später lernte er davon eine witzige Variante kennen:
Ich bin klein, mein Herz ist rein.
Mein Po ist schmutzig.
Ist das nicht putzig?
Irgendwann während der Schuljahre stand der Dichter Friedrich
Schiller auf dem Lehrplan. Herr Blyantur wusste noch, er musste „Der
Handschuh“ auswendig lernen.
Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten
Saß König Franz.
Und um ihn die Großen der Krone.
Und rings auf hohem Balkone,
Die Damen in schönem Kranz.....
Bei seinem Vortrag ahmte er die Art des Lehrers nach. Herr Blyantur
bekam eine Eins und sagte fortan nie mehr Gedichte auf.
Er trug sie vor.
Einmal – er hieß noch Cutti - begleitete er seinen Freund Peter zu
einem Wettbewerb der
Jungen Talente in die Kreisstadt. Peter wollte ein
Schlagerlied
singen. Er sang es auch.
Cutti wurde gefragt, was er vortragen wolle. Man setzte stillschweigend
voraus, dass er nicht als Begleiter gekommen war, sondern als ein
Bewerber.
Er konnte grade ein Gedicht vom Erich Kästner namens „Atmosphärische
Konflikte“ auswendig.
Die Bäume schielen nach dem Wetter.
Sie prüfen es. Dann murmeln sie:
"Man weiß in diesem Jahre nie,
ob nun raus mit die Blätter
oder rin mit die Blätter oder wie?" ….
Das trug er also vor und wurde in die Bezirkshauptstadt
delegiert zum Bezirksausscheid. Wohl auch, weil sonst kein Rezitator am
Start war.
Also fuhr er hin. Peter war nicht dabei, denn Schlagerliedchen wurden
von zu vielen Talenten gesungen, da hatte er nicht gewinnen können.
Bei diesem Bezirksausscheid tauchte ein Schauspieler aus dem
Stadt- theater auf. Er sollte die Teilnehmer – also auch Cutti – beraten.
Welches Gedicht er sich ausgesucht hatte, wusste er nicht mehr. Der
Schauspieler meinte, man müsse das Gedicht spielen. Mit großen Gesten
und Pathos. Cutti tat, wie ihm geheißen.
Es gewann ein Mädchen diesen Wettbewerb, die einfach nur da stand
und ihr Gedicht sprach.
Soweit zum Thema „Berater“.
Vielleicht wäre er damals ohne diesen bei der Fernsehsendung
„Herzklopfen kostenlos“ vom Heinz Quermann gelandet und würde heute ein
berühmter Reziator sein.
(Fortsetzung Gedichte 2) |
Die Texte
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Stapel
Knöpfe
& Fernseher
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Bügel
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Wanderstock
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1
Gedichte
2
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Eule
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Eiskalt
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