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Geschichten von Herrn Blyantur


Herrn Blyantur und das gestörte Verhältnis



Als er ein Kind war, hatte er es zuerst nicht.
Dieses gestörte Verhältnis zu seinem Namen.
Er lebte zufrieden mit sich und der Welt dahin.
Seinen Namen vernahm er meist nur in der Verkleinerungsform.
Doch wenn er etwas angestellt hatte oder nicht gleich machte, was man ihn zu machen nötigte oder nicht sofort ankam, wenn man ihn rief, ließ man das verniedlichende -chen weg.
Dann klang sein Name wie ein Peitschenknall.
Später kam er in die Schule. Als er die Buchstaben gelernt hatte, die nötig waren, um seinen Namen schreiben zu können, merkte er es.
Herr Blyantur trug den Vornamen Curt. Curt mit einem großen C am Anfang. Für seine Mitschüler war das der Grund, ihn mit seinem Namen zu hänseln. Sie riefen es ihm oft  hinterher und es klang fast so wie ein Singsang:
Vorne Ce
das tut weh,
schreibt sich wie das Canapee.
Und der kleine Curt ärgerte sich jedes Mal. Weil er aber ein schwäch-
licher Knabe war, konnte er sich nicht wehren und lief weinend davon. Abends, wenn er in seinem Bett lag, schmiedete er dann furchtbare Rachepläne. Doch keinen davon führte er jemals aus. Und bald gab es immer weniger solcher Hänseleien.
In den Jahren, als die Mädchen begannen, einen Großteil seiner kleinen grauen Zellen in Anspruch zu nehmen, wurde er Cutti gerufen. Das fand er in Ordnung. Wenn er mit seinen Kumpels in dem Durchgang rumstand, der dem  Kino seiner Heimatstadt den Namen Passage-
Theater verlieh, war er mit sich zufrieden. Er strich sich mit beiden Händen die Haare nach hinten, die an den Seiten mit Pomade an die Kopfhaut geklebt waren und schwatzte und schwadronierte um die holde Weiblichkeit. Auch heute noch, nach so vielen Jahren riefen ihn seine damaligen Kumpels Cutti, wenn er einem von ihnen begegnete.
Eines Tages erfuhr er, was es auf sich hatte mit der seltsamen Schreib-
weise seines Vornamens.
Es war der Tag, an dem er seiner Mutter eröffnete, dass sie nun Oma werden würde.
Da saßen sie dann nebeneinander an dem runden Tisch unter der fünfarmigen hölzernen Deckenlampe mit den gelblichen Glasschalen.  Sie tranken aus den kleinen Weingläsern mit dem grünen Stiel und den eingeschliffenen Reben vom ungarischen Weißwein, den er mitgebracht hatte.
Herr Blyantur fragte seine Mutter, wie er zu dem seltsamen Namen gekommen wäre.
Da verklärten sich ihre Augen und sie schien plötzlich viel jünger aus-
zusehen. Sie drehte das Weinglas zwischen den Fingern hin und her und begann zu erzählen:
Als sie mit ihm schwanger ging,  gab es an dem kleinen Stadttheater in der nahen Stadt einen jungen Schauspieler. Alle Mädchen ihrer Gene-
ration wären unsterblich verliebt in ihn gewesen. Er gab den Romeo und sie alle wären liebend gerne seine Julia gewesen.
Dieser Schauspieler hieß Curd mit Vornamen.
Und dann tat seine Mutter etwas, das hätte er ihr nie zugetraut.
Sie deklamierte aus der sogenannten Balkonszene einige Zeilen.
Bei jenem himmlischen Mond schwör' ich, der all die Wipfel mit Silber malt...,sagt Romeo, worauf Julia antwortet: Schwöre nicht beim Mond, dem wandelbaren, der alle Wochen seine Scheibe wechselt, damit nicht wandelbar dein Lieben sei.
Herr Blyantur wusste noch, dass er dermaßen gerührt war und sich seiner Mutter so nah fühlte, wie noch niemals zuvor. Und heute wusste er auch, dass sie sich danach auch niemals wieder so nah waren.
Dem Standesbeamten, der nach der Geburt kam, um die Geburtsur-
kunde auszustellen, sagte sie, dass sie sich den Namen Curd ausge-
sucht hätte. Sie wies auf das C am Anfang hin, vergaß aber, das D am Ende zu erwähnen.
Und so kam es, dass Herr Blyantur Curt mit Vornamen hieß.
Wenn er ihn buchstabierte, sagte er immer: Vorne C und hinten T.
Und es hörte sich für ihn an wie: vorne Zeh und hinten Tee.

Und das fand Herr Blyantur dann jedes Mal sehr lustig.




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Die Texte


Das Notizbuch des Herrn Blyantur

Herr Blyantur und das gestörte Verhältnis

Herr Blyantur feiert Weihnachten

Herr Blyantur und das Regal

Herr Blyantur und das Album

Herr Blyantur besichtigt ein Gotteshaus

Herr Blyantur rettet die Welt

Herr Blyantur und das Geräusch

Ännes Eiche

Herr Blyantur und die Unendlichkeit

Die Zeit des Herrn Blyantur

Paragraphenhengst &
Herr Blyantur bestellt ein Wasser



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