Nienhäger Depressionen
Skulptur
Ich fahre durch die Wiesen und Felder nach Bad Doberan.
Weil „Molli“, die Kleinbahn nicht fährt wegen Reparaturarbeiten an den
Gleisen, besichtige ich das Doberaner Münster.
Kirchen faszinieren mich, seit ich als Student in Potsdam in der Kirche
am Bassinplatz gewesen bin.
Damals war Sommer und damals war auf dem Platz vor der Kirche
Wochenmarkt. Es war heiß und es war laut.
Ich ging in die Kirche hinein und plötzlich umgab mich Stille. Eine
Stille, die durch das fast unhörbare Gemurmel der Marktgeräusche
scheinbar noch verstärkt wurde.
Seither besichtige ich Kirchen, erfreue mich an deren Architektur und
an der Stille.
Auch im Doberaner Münster ist es still.
Und es ist wegen des frühen Frühjahrs ziemlich kalt.
Die Hälfte der Kirche ist eine Baustelle.
Ich gehe vom Eingang zur Mitte des Kirchenschiffs. Von dort kann ich
den Altar und die herrlich bunten Glasfenster dahinter betrachten.
Vor mir auf dem steinigen Fußboden steht eine Skulptur. Sie gefällt
mir.
Ich will sie fotografieren.Allerdings ist an die Skulptur ein großes
hässliches Schild aus Pappe gelehnt. Das verbietet die Benutzung eines
Blitzlichts.
Ich nehme das Schild weg und setze mich in eine Bank.
Ich schalte das Blitzlicht an meinem Apparat aus und fotografiere die
Skulptur.
Dann stelle ich das Schild wieder hin. Das Prinzip „Ordnung“ in mir hat gesiegt.
Rinder
Ich radle einen Feldweg entlang. Er besteht aus zwei Reihen parallel
verlegter Betonplatten. Früher sagten wir LPG-Weg dazu.
Ich rattere den Weg entlang. Die Stöße zwischen den Platten rütteln
mich durch.
Auf etlichen Wiesenflächen, die mit elektrischen Zäunen eingegrenzt
sind, stehen Rinder. Rinder in vielen Brauntönen.
Hellbraune junge Tiere. Ältere in dunklerem Braun, in grauem Braun,
auch in verschiedenen Mischungen der vielen Brauntöne.
Ich denke daran, dass in früheren Zeiten in der DDR auf den Weiden
meist nur eine Rinderrasse stand.
Schwarzbuntes Niederungsrind hieß sie wohl. Obgleich ihr Fell nur
schwarz und weiß gescheckt war.
Die Rinder, die ich auf meiner Fahrradtour sehe, haben keine
Ähnlichkeit mit Schwarzbunt.
Ich überlege, wie lange mag es dauern, bis eine Haustierrasse
ausgestorben ist?
Eine Generation nur muss von der Fortpflanzung ausgeschlossen sein,
schon ist diese Rasse von der Weltbühne verschwunden.
Auf dem Heimweg Tage später werde ich doch noch schwarzbuntes
Niederungsrind auf den Weiden im Brandenburgischen sehen.
Es gibt also doch noch Landmenschen, die sie nicht am Fortpflanzen
gehindert haben.
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Die Texte
Hühnergott
Gespensterwald
& Steine
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ohne Zukunft & Kopfweiden
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& Donnerkeile & Gestrüpp
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& Seeglas & Die rote Antilope
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& Ansprüche & Planet
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