Wege und Bäume
Der Laden
Kommt man auf dem Radweg in das Dorf hinein, sieht man am Rastplatz für
die Wanderer und Radfahrer eine Tafel. Ich lese den Text. Es steht
geschrieben, dass in diesem Ort in der Prignitz der Film „Der Laden“
nach dem Roman vom Strittmatter gedreht wurde. Eigentlich spielt ja der
Film in meiner Heimat, der Lausitz. Ich fahre durch den Ort. Ich fahre
etliche Wege und suche nach Plätzen, die ich aus dem Film kennen
müsste. Ich finde keine.
Auf dem gepflasterten Weg, der in den Nachbarort führt, begegnet mir
ein Mann, der mit suchenden Blicken am Weidezaun seiner Schafskoppel
entlanggeht. Irgendwo ist ein Kurzschluss.
Ich frage ihn, welches Haus im Dorf wohl der Laden gewesen wäre.
Damals, so erzählt er, sah der Ort noch ganz anders aus. Der Weg auf
dem wir grade wären, war damals noch der Feldweg, auf dem der Großvater
vom Esau Matt mit seinem Pferdefuhrwerk aus Grodk, der Stadt, in die
neue Heimat, das Dorf Bossdom gefahren ist. Das Gebäude des Ladens wäre
eine Kulisse gewesen, die die Filmleute errichtet hätten. Für die
Außenaufnahmen. Die Aufnahmen vom Innern der Gebäude wären sowieso im
Studio gedreht worden. Auch hätten die Filmleute extra die Strommasten
wieder aufrichten müssen, denn der Strom wurde da schon lange über
unterirdische Leitungen in die Häuser geleitet. Wir sind uns einig:
Filme sind Blendwerk.
Schön, einen Menschen zu treffen, mit dem man einer Meinung ist.
Als ich weiterfahre, entdecke ich den Ast, der vom Baum herunter auf
die Drähte des Weidezauns gefallen ist.
Den Mann freut es, dass ich ihm geholfen habe.
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Hagebutten
Zwischen der Elbe und dem Seitenkanal zieht sich der Mitteldeich hin.
Man kann nur über die Brücken an den beiden Wehren dorthin gelangen.
Der Weg auf dem Mitteldeich ist sehr schön. Wo man sich auch befindet,
auf beiden Seiten sieht man einen Wasserlauf. Träge aber doch mächtig
zieht auf der einen Seite die Elbe ihre Bahn zur Nordsee. Auf der
andren Seite ist der Kanal. An seinen Wassern kann man keine wirkliche
Bewegung erkennen.
Ich radle auf dem Mitteldeich entlang.
Links wie rechts des Weges stehen zahlreiche Hagebuttensträucher im
Glanze ihrer roten Früchte. Ich glaube fast, soviele
Hagebuttensträucher habe ich noch nicht gesehen. Vielleicht aber hab
ich bisher auch nicht so darauf geachtet und erst hier zwischen den
beiden Flüssen fallen sie mir auf.
In der Schule musste ich einmal im Zeichenunterricht einen
Hagebuttenzweig malen. Mit Tuschfarben. Ein Stilleben. An sich ist das
j
a nun nichts Ungewöhnliches. Ich habe es mir auch nur deshalb gemerkt,
weil es das erste Mal war, dass ich auf schwarzem Papier malen sollte.
Bisher musste ich immer weißes Papier benutzen. Auf dem malte es sich
äußerst schlecht, denn in dem billigen Zeichenpapier waren noch kleine
weiße Holzstückchen zu finden. Die konnte man mit dem Fingernagel
herauspolken. An dieser Stelle dann hatte das Papier ein Loch.
Doch der schwarze Untergrund ließ die gemalten Hagebutten an dem
braunen Zweig neben den grünen Blättern regelrecht leuchten.
Woran man sich so alles erinnert.
Leider ist das Bild verschollen.
Schade.
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Die Texte
Wege
Der
Laden & Hagebutten
Rinnsal
& Lebenskraft
Pritzhagen
& Efeu
Neubürg
& Küchenschelle
Herzen
& Regen
Primula
& Vogelbeeren
Salzburg
& Birnbaum
Panke
& Gene
Bärlauch
& Kurzzeitgedächtnis
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