Wege und Bäume
Wege
Wenn man Wege geht, kann es passieren, dass mit einem Mal aus einem Weg
zwei werden. Das nennt man dann gewöhnlich einen Scheideweg. An einer
solchen Stelle stehe ich nun. Ich muss mich entscheiden.
Sollte ich den linken Weg wählen, an dessen Ende in schon absehbarer
Entfernung der Ort zu sehen ist, zu dem ich will? Wäre ich mit dem
Fahrrad unterwegs, würde ich mit Sicherheit diesen Weg nehmen, denn der
Belag verspricht ein leichtes Fahren.
Ich aber bin zu Fuß unterwegs und entscheide mich für den Weg, der
rechterhand zwischen großen alten Bäumen entlangführt. Man sieht es am
Beginn der beiden Wege schon, dass der linke neueren Datums ist. Getreu
der Devise, dass Zeit Geld ist, führt er fast schnurgerade von meinem
Standpunkt A zum Punkt B, dem fernen Ort, der mein Ziel sein soll.
Gewissermaßen als die kürzeste Verbindung zweier Punkte. Ich wähle also
den anderen Weg, der -so scheint es mir- der ursprüngliche ist, um von
hier nach dorthin zu kommen. Er windet sich zwischen den Feldern und
den Wiesen hindurch. Die Bäume links und rechts des Weges sind wirklich
imposant. Ich halte den Blick auf den Boden gerichtet.
Plötzlich sehe ich mehr so im Augenwinkel in Kniehöhe etwas. Und fast
im gleichen Moment spüre ich im Gesicht das, was man den
Altweibersommer nennt. Spinnenfäden nämlich nennt man so, die von den
fleißigen Spinnentieren aus mir nicht ersichtlichem Grund über die Wege
gespannt werden. Einen solchen nun habe ich im Gesicht. Als ich ihn
abstreife, sehe ich an seinem Ende das Tier hängen. Es ist eine
Kreuzspinne. Selten nur nimmt man sich eigentlich die Zeit, ein solches
Spinnentier aus der Nähe zu betrachten. Das Kreuz auf ihrem Rücken ist
ganz deutlich zu sehen. Ich betrachte mir die Schönheit eine Weile und
setze die Spinne dann am Wegesrand ab.
Wieviel von ihrem Weg mag ich dem Spinnentier erspart haben mit meiner
Aktion?
Ich weiß es nicht.
Vielleicht wollte die Schöne aber grad eben auf die andere Seite des
Weges.
Dann allerdings hat sie Pech gehabt.
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Die Texte
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