Nienhäger Depressionen
Gespensterwald
Ich fahre mit dem Fahrrad an der Steilküste entlang.
Vor dem Wald auf einer Bank sitzt ein Mann, wie man sich ihn vorstellt,
wenn man an einen alten Seebären denkt. Bärtig, grauhaarig, im Mund
eine Pfeife. Er pafft dicke Rauchschwaden in den blauen Himmel.
Er erzählt mir, dass im Wald manche Bäume besonders im Winter, wenn der
Wind von der See stürmisch weht, gespensterhafte Formen haben. Einer
würde aussehen, wie ein Koalabär, der den Baum hinauf klettert.
Ich gehe in den Wald. Sofort habe ich das Gefühl, solche skurilen Bäume
habe ich noch nie gesehen.
Doch ist es wirklich der wahre Eindruck?
Oder bin ich durch die Erzählung des alten Mannes voreingenommen?
Wenigstens weiß ich jetzt, warum der Wald Gespensterwald genannt wird.
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Steine
Ich gehe am Strand entlang.
Rechts von mir ragt die steile Wand der Steilküste empor.
An den verschiedensten Stellen in unterschiedlichen Höhen gucken große
Steine meist zur Hälfte aus der Wand.
Da begreife ich ganz plötzlich eine einfache Tatsache, die mir bisher
so nicht bewußt gewesen ist:
All diese zahllosen Steine, die als Riesensteine, als Schotter und als
Kiesel am Strand liegen, waren einmal Teil der steilen Wand.
Zahllose Stürme haben sie in unvorstellbaren Zeiträumen aus der Wand
geschlagen.
Ich frage mich, ob sich die Steine erinnern, dass über ihnen einmal ein
Wald war?
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Die Texte
Hühnergott
Gespensterwald
& Steine
Baum
ohne Zukunft & Kopfweiden
Seeschwalben
& Glück
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& Donnerkeile & Gestrüpp
Glasmurmeln
& Seeglas & Die rote Antilope
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& Ansprüche & Planet
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& Rinder
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